von Fabienne Amah-Atayi

Titel: Der Katze ist es ganz egal
Autor*in: Franz Orghandl
Illustrationen: Theresa Strozyk
Verlag: Klett Kinderbuch
Erscheinungsjahr: 2020
Zielgruppe: ab 9 Jahren

Der Kinder- und Jugendroman Der Katze ist es ganz egal von Franz Orghandl ist 2020 im Klett Kinderbuch Verlag erschienen. Die Geschichte handelt von Leo, der allerdings schon auf der ersten Seite selbstbewusst klarstellt, dass sie ab jetzt Jennifer genannt werden möchte. So einfach gelingt die Umstellung dann allerdings doch nicht. Die Familie ist zunächst irritiert. Kurz darauf erfährt Jennifer auf dem Schulhof, dass auch andere Frauen einen Penis haben. Mit dieser Information, der Hilfe des dicken Gabriel, der die Klasse wiederholt und der erstaunlich reflektierten Anne, findet sie den Mut, ihren neuen Namen auch im Unterricht einzufordern. Während ihre Freunde von dem überraschenden Umstand begeistert sind und Jennifer tatkräftig unterstützen, wird sie durch ihr restliches Umfeld immer wieder in die Rolle des Leo zurückgeworfen. Dabei ist die Sache eigentlich ganz klar. Jennifer fühlt sich pudelwohl mit Kleidern und Zöpfen. „Leo betrachtet Papas beachtlichen Busen. Er will später lieber so einen, wie die Mama hat“. Bis hier gibt es einige wirklich amüsante Textstellen. Auf den folgenden Seiten gewinnt die Erzählung allerdings an Ernsthaftigkeit. Eines Morgens kommt es zum Streit zwischen den Eltern. Dabei versucht die Mutter beim verärgerten Vater Verständnis für das gemeinsame Kind zu erzielen. Jennifer, die nun wieder Leo ist und mitgehört hat, bricht Punkt um zur Schule auf. Sie wird an diesem Tag allerdings nicht in der Klasse ankommen. Stattdessen lernt Leo Stella auf der Mädchentoilette kennen. Die wirkt zunächst einschüchternd und tatsächlich ist vieles an dem kahlrasierten Mädchen und ihrem Lebensstil recht unkonventionell. Die beiden freunden sich schließlich an und Stella erweist sich für Leo als große Hilfe auf dem Weg zur Identität als Jennifer. Indes ist sein Umfeld sehr besorgt, da niemand weiß, wo er sich aufhält. Es folgt eine große Suchaktion mit diversen mobilen Endgeräten. Nur Leo, der mittlerweile wieder Jennifer ist, hat kein Handy, auf dem man sie erreichen könnte.

Die Hauptfigur wird mit ihrem Wechsel zwischen Begeisterung und inneren Konflikten fast greifbar. Jennifer ist mutig und entschlossen, Leo hingegen steht für Unsicherheit und Zweifel. Der Charakter erhält dadurch Tiefe und kann gleichzeitig als mutige Heldin der Handlung fungieren. Dabei wirkt die Zwiespältigkeit der Person zu keinem Moment konstruiert. Auch Freunde und Familie werden sehr plastisch beschrieben. Davon ist Jennifers Großmutter nicht ausgenommen, die in dem hitzigen auf und ab oft den Kernpunkt der Diskussion verpasst. Selbst die „Annemutter“ wird so scharf umrissen, dass sich Lesende gut vorstellen können, von wem die Grundschülerin ihr helles Köpfchen geerbt hat. Der dicke Gabriel, der durchgehend dicker Gabriel genannt wird, kommt in der Geschichte weniger gut weg. Als einziger Protagonist aus einem nicht deutschsprachigen Elternhaus wiederholt er die Klasse. Er wirkt stets sympathisch und liebenswert, aber neben der klugen Anne eher schlicht.

In vielen anderen Erzählungen wird die Persönlichkeit von Hauptfiguren mit Alleinstellungsmerkmal nicht tiefergehend dargestellt. Zentral ist dann häufig ein Außenseiter- Status, den es zu überwinden gilt. Die Protagonistin in Der Katze ist es ganz egal hat hingegen einen vielschichtigen Charakter und erlebt mit ihren Freunden ein spannendes Abenteuer. Möglicherweise wird die Geschichte, mit ihrem zügigen positiven Ende den echten Widerständen einer Transition nicht gerecht. Diese knapp hundert Seiten verschaffen jedoch der Transgenderthematik Aufmerksamkeit durch eine packende Handlung statt eines erhobenen pädagogischen Zeigefingers.

„Achtung diese Geschichte spielt in Wien“ heißt es eingangs. Und tatsächlich liest sich der Text wie eine Ode an den Wiener Schmäh. Doch keine Sorge, „Naschkasterl“, „Mistkübeln“ und „Heferln“ werden für Nicht-Eingeweihte erklärt.

www.klett-kinderbuch.de