von Fabienne Amah-Atayi
Titel: Stories for Kids who dare to be different – vom Mut anders zu sein
Autor*in: Ben Brooks (aus dem engl. Von Franca Fritz; Heinrich Koop)
Illustrationen: Quinton Winter
Verlag: Loewe
Erscheinungsjahr: 2019
Zielgruppe: 6-10
208 S.
Titel: Rise Up – Außergewöhnliche Lebensgeschichten von starken Kids
Autor*in: Amanda Li (aus dem engl. Von Claudia Gliemann)
Illustrationen: Amy Blackwell
Verlag: Arena
Erscheinungsjahr: 2020
Zielgruppe: ab 10 Jahre
128 S.
Titel: Legenden Alphabet – Mädchen, die die Welt verändert haben
Autor*in: Ben Brooks (aus dem engl. Von Ulrich Thiele)
Illustrationen: Quinton Winter
Verlag: Loewe
Erscheinungsjahr: 2020
Zielgruppe: ab 4 Jahren
64 S.
Titel: HerStory
Autor*in: Katherine Halligan (aus dem engl. Von Yvonne Hergane)
Illustrationen: Sarah Walsh
Verlag: FISCHER – Sauerländer
Erscheinungsjahr: 2019
Zielgruppe: ab 10 Jahren
112 Seiten
Die Geschichtserzählung erfolgte bisher vorwiegend aus männlicher Perspektive, wobei nicht selten entscheidende weibliche Personen übersehen wurden bzw. unerwähnt bleiben. So kann man in Deutschland durchaus eine gesamte Schullaufbahn durchlaufen, ohne mit Florence Nightingale, Sophie Scholl oder Rosa Parks in Berührung zu kommen. Verschiedenste Verlage haben in jüngerer Vergangenheit Portraits oder Portraitbände herausgebracht in denen bedeutende Frauen vorgestellt werden.
Sicher wurden im Buch auch zu früheren Zeiten immer wieder Personen sichtbar gemacht, die nicht wohlhabende weiße Männer waren. Nun zeichnet sich auf dem Buchmarkt jedoch ein klarer Trend ab, dem vorhandenen Ungleichgewicht etwas entgegenzusetzen.
Die meisten dieser Portrait-Sammlungen richten sich an Kinder im Alter von acht Jahren oder älter. Der Loewe Verlag verschafft 2020 mit dem „Legenden Alphabet“ auch einer jüngeren Klientel Zugang zu „Mädchen, die die Welt verändert haben“. Hier stellt Ben Brooks (in der deutschen Übersetzung von Ulrich Thiele) 26 Frauen vor, die ohne den mystischen Begriff „Legende“ kaum zu verbinden wären. Wie in den meisten dieser Portraitbände stehen sich eine ganzseitige Bilddarstellung der Person und ihre Beschreibung auf einer Doppelseite gegenüber. Die Zusammenstellung der Frauen wirkt zunächst etwas wüst. Erfinderinnen, Sportlerinnen, Popstars, und Heilige stehen hier Seite an Seite. Während die eine im dritten Jahrhundert wirkte, kann man die andere auf aktuellen Online-Vlogs verfolgen. Ob die heilige Xenia von Rom und Sängerin Beyonce Knowles gleichermaßen legendär sind, darf bezweifelt werden. Gerade durch diese breite Range gelingt es jedoch, Leser*innen vielfältige und zugleich herausragende Lebensentwürfe ohne Hierarchisierung zu präsentieren. Besonders angenehm wirkt das reduzierte und prägnante Design der Buchseiten. Die Beschreibungen sind knapp und wecken eher Interesse, weitere Nachforschungen anzustellen, als dass sie die Charaktere umfassend präsentieren. Dadurch eignet sich das „Legenden Alphabet“ bereits für Kinder ab vier Jahren. Am anderen Ende der Skala befindet sich die Sammlung von Katherine Halligan mit dem Titel „HerStory“, 2018 erschienen im FISCHER Sauerländerverlag. Jede Frau wird mit rund fünf Illustrationen präsentiert, dabei sind die Personenbeschreibungen nach Bereichen wie „Glauben und Führen“ oder „Helfen und Heilen“ sortiert. Eingangs wird das frühe Leben jener Frauen geschildert, ihr Wirken und schließlich kompakt wie sie Geschichte schrieben. Andere Portraitsammlungen, wie „Rise Up“ von Amanda Li und „Stories for Kids Who Dare to be Different“ von Ben Brooks (erschienen in Arena Verlag 2020 und Loewe Verlag 2019) berücksichtigen alle Geschlechter. Der Anteil der Frauen liegt in beiden bei rund 50% und damit immer noch deutlich höher als in den meisten Geschichtsbüchern. Li begrenzt ihre Auswahl auf 29 zeitgenössische Persönlichkeiten, denen sie jeweils eine Doppelseite widmet. Auf den beiden letzten Seiten werden Fragen beantwortet wie „Was macht sie heute?“, außerdem erfahren Rezipierende, wie sie selbst im Wirkungsbereich der vorgestellten Person aktiv werden können. In Zusammenhang mit der „Weltumseglerin“ Laura Dekker erhalten sie zum Beispiel eine Anleitung zum Absetzen eines Notrufs und Tipps für eine gelungene Reiseplanung. Ähnlich wie das Legendenalphabet ist auch „Stories for Kids Who Dare to be Different“ eher ein „Teaser“ als eine allumfängliche Darstellung der Figuren. Die Illustrationen von Quinton Winter schaffen es stilistisch sie wie ein roter Faden zu verbinden und gleichzeitig ein Gefühl für die einzelnen Charaktere und ihr Leben zu transportieren.
Wer die Gelegenheit hat, das breite Angebot an Portraitsammlungen im Handel zu durchstöbern, wird sicher öfter über die gleichen Personen stolpern. Bei einigen Portraitsammlungen fragt man sich dagegen vielleicht, warum eine bestimmte Person gar nicht auftaucht. „HerStory“ zeigt Frauen, von denen man sagen könnte, sie haben zum Wohle der Gesellschaft gewirkt. Das „Legenden Alphabet“ und viele andere zeigen auch Popsternchen, die man hier nicht einzureihen wagt, die jedoch das Spektrum möglicher Lebenswege erweitern. Besonders auffällig ist die Vielzahl sehr junger Frauen unserer Tage von denen die Mehrheit durch soziale Medien bekannt geworden oder geblieben ist. Hätten wir eine derartige Welle an Frauenportraits auch ohne diese neuen Plattformen erlebt?