„Was mich dahin gebracht hat, Strafrichterin sein zu wollen“, schreibt Juli Zeh (2020), die gleichzeitig als Schriftstellerin bekannt ist, „war dieses Faszinosum, vor Gericht mitzuerleben, was passiert, wenn zehn oder zwanzig Leute denselben Fall erzählen. Egal, ob als Zeugen, Opfer oder Täter – sie wollen eigentlich alle dieselbe Geschichte erzählen. In einem ganz einfachen Fall sind es vielleicht die Minuten von 10.03 Uhr bis 10.05 Uhr am 14. Februar. Was passiert in diesen zwei Minuten? Mal angenommen, das haben jetzt zehn Leute auf verschiedene Art und Weise mitgekriegt, der eine war betroffen, der andere hat es von Weitem gesehen, der Nächste hat zufällig am Telefon was gehört – alle haben irgendetwas wahrgenommen und erzählen es. Und was kommt dabei raus? Unter Umständen zehn komplett verschiedene Storys, wo man denkt: Hat das überhaupt etwas miteinander zu tun? Das erlebt man ja immer wieder, gerade vor Gericht.“
In aller Bescheidenheit und in aller Vermessenheit distanzieren wir uns mit dem Manifest von ausschließlicher Wahrheit und von einstimmiger Beurteilung eines (Bilder)Buches als gut oder schlecht, richtig oder falsch oder gar der Einordung als wertvoll. „Single stories“ (Adichie, s.o.) und damit ‚simple‘ Stories, wie sie Ratgeber, Preisvergaben, Studien vorlegen, um Expertise durch Ausschließlichkeit, Bestimmtheit, Bewertung sowie Rangfolgen zu evozieren, lassen sich durch zusätzliche Perspektiven vervielfältigen.
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